Sperlingspapageien-Farbschläge – wie entstehen sie eigentlich?

Farbschläge Sperlingspapageien

Mittlerweile können wir vor allem Blaugenick-Sperlingspapageien in einer Vielzahl von Farbschlägen und Schattierungen bewundern und erwerben. Auch bei Augenring-Sperlingspapageien wird schon von einzelnen Farbmutationen berichtet. Viele Interessierte und Haltende der kleinen Südamerikaner fragen sich jedoch, was es mit all den Variationen auf sich hat und wie die bunten Farben entstehen.

Dieser Artikel ist ein Gastbeitrag von Melanie. Melanie hat einen verhaltensbiologischen Hintergrund und ist ebenfalls Halterin von Sperlingspapageien. Mit ihrem eigenen Projekt „ForpusFakten“ (schau gerne mal rein!) fokussiert sie sich auf die verständliche Vermittlung von wissenschaftlichen Erkenntnissen zu Sperlingspapageien. Vielen Dank, liebe Melanie, dass du deinen kleinen Einstieg zur Lehre der Farbvererbung dem Sperlingspapageien-Blog zur Verfügung gestellt hast!

Die bereitgestellten Infos sollen weder als Anregung, noch als Einstieg für die Zucht dienen, denn dazu ist ganz anderes Wissen nötig, als welche Farben bei der Kreuzung von Sperlingspapageien rausspringen. Auf diese Themen wird hier sehr bewusst nicht eingegangen!

Genetik-Grundlagen zum Verständnis der Farbschläge bei Sperlingspapageien

Zunächst einige Grundlagen, die für das Verständnis wichtig sind. 

Mutationen

Alle Farben außer der Wildfarbe Grün sind bei Sperlingspapageien Mutationen, d.h. Veränderungen der bestehenden Gene, die für die Färbung des Gefieders verantwortlich sind. Mutationen wie diese treten spontan und zufällig auf. 

Genotyp und Phänotyp

Befasst man sich mit der Farbvererbung, stößt man häufig auf die Begriffe Genotyp/genotypisch und Phänotyp/phänotypisch. Genotyp ist nichts anderes als der Fachausdruck für die Kombination der Gene, die ein jedes Lebewesen ausmacht. Wir können hier also Genotyp und Gene synonym verwenden. Der Phänotyp dagegen ist das, was wir am Ende äußerlich sehen können, wir können hier also einfach optisch sagen. Der Unterschied zwischen Genotyp und Phänotyp ist wichtig, weil nicht jedes Gen, das ein Lebewesen besitzt auch äußerlich sichtbar wird. Das wird bei den nächsten zwei Punkten deutlich. 

Dominant und rezessiv

Jedes Lebewesen besitzt immer zwei Kopien eines Gens, eine von der Mutter und eine vom Vater. Wenn wir Kinder kriegen, geben wir aber immer nur eine Kopie (das Original brauchen wir ja noch) an unsere Kinder weiter. Hat Mama z.B. braune Augen und Papa blaue, dann hat das Kind eine braune und eine blaue Genkopie.

Dieses System ist beim Menschen genau wie bei Sperlingspapageien gleich. Aber wenn ich jetzt Gene für braun und blau habe, welche Augenfarbe habe ich nun? Dafür ist ein weiterer Punkt wichtig.

Die verschiedenen Ausprägungen eines Gens können dominant oder rezessiv vererbt werden. Wie der Name, dominant, schon vermuten lässt, setzen sich diese Gene besonders gut durch. Rezessiv ist das Gegenstück dazu, diese Gene setzen sich nur im Doppelpack durch.

Hat ein Lebewesen also zwei verschiedene Genkopien (wie braune und blaue Augen), setzt sich immer die dominante durch (bei den Augenfarben ist es braun). Ein rezessives Gen (z.B. blaue Augen) zeigt sich äußerlich nur, wenn eine blaue Genkopie von beiden Eltern vorhanden ist.

US-gelbes Weibchen und grünes Männchen

Bei unseren Sperlis wird grün z.B. dominant vererbt, d.h. nur eine Kopie des „grün-Gens“ reicht, damit der Vogel optisch grün ist. Blau dagegen wird z.B. rezessiv vererbt, d.h. der Vogel braucht je eine Kopie des Gens von beiden Eltern, insgesamt zwei, damit sich das Merkmal optisch zeigt.

Bekommt ein Vogel nur von einem Elternteil das „blau-Gen“, hat er optisch kein blaues Gefieder (das schauen wir uns gleich auch noch einmal in der Praxis an!).

Hier kommen wir zum nächsten Punkt. (Anmerkung: Neben dominanter und rezessiver Vererbung gibt es auch noch geschlechtsgebundene und intermediäre Vererbung, auf die wir hier aber nicht eingehen werden.)

Spalterbigkeit

Spalterbigkeit bedeutet, dass der Vogel zu dem Gen, was seiner Optik entspricht, auch noch still und heimlich eine rezessive Genkopie mitträgt, z.B. ein grüner Vogel braucht ja nur eine Kopie des grünen Gens und kann eine blaue vom anderen Elternteil mit sich tragen, ohne optisch blau zu sein.

Grüne und blaue Sperlingspapageien-Farbschläge

Genug Theorie, ab in die Praxis! Wie entstehen nun all die schönen Farben, die unsere Heime schmücken? Fangen wir bei der ursprünglichen Wildfarbe grün an. Wie wir eben gelernt haben, wird grün dominant vererbt, deshalb schreibe ich es groß: GRÜN

Mögliche Farbschläge bei der Verpartnerung von zwei reinerbig grünen Sperlingspapageien

In diesem Beispiel sind also beide Elternteile reinerbig grün, d.h. sie haben je zwei Kopien des grünen Gens:

GRÜNGRÜN x GRÜNGRÜN

Um herauszufinden, wie die Küken genetisch und optisch aussehen werden, nutzt man am besten so eine Kreuzungstabelle:

Kreuzungstabelle reinerbige grüne Sperlingspapageien

Da in unserem Beispiel in allen 4 Zellen das gleiche steht, besteht eine 100%ige Wahrscheinlichkeit, dass alle Nachkommen wieder reinerbig grün sind und so läuft es ja auch in freier Wildbahn.

Sperlingspapageien Pärchen
Grünes Pärchen

Mögliche Farbschläge bei der Verpartnerung von einem grünen und einem blauen Sperlingspapagei

Manchmal kommen v.a. blaue Mutationen spontan in der Natur vor. Blau, haben wir gelernt, wird rezessiv vererbt, deshalb schreibe ich es klein: blau. Schauen wir uns also einmal an, was passieren würde, wenn ein wilder grüner Sperli-Hahn sich eine blaue Henne anlacht:

Kreuzungstabelle grüner und blauer Sperlingspapagei

Hier sieht man, warum sich Mutationen in der freien Wildbahn oft nicht halten: alle Nachkommen sind optisch grün und tragen eine Kopie des blauen Gens nur versteckt mit sich, d.h. sie sind „spalterbig blau“ (manchmal auch „spalt blau“, „blaue Spalter“, „grün spalt blau“ oder „grün/blau“ genannt). Sie müssten sich wieder mit spalt- oder reinerbig blauen Tieren paaren, damit das blaue Gefieder erhalten bleibt.

Dies gelingt meist nur durch gezielte Zucht.

Blaues Weibchen und grünes (wildfarbenes) Männchen

Mögliche Farbschläge bei der Verpartnerung von zwei grünen, spalterbig blauen Sperlingspapageien

Schauen wir uns einmal an, wie es aussehen würde, wenn sich zwei solche spalterbigen Tiere paaren würden (selbstverständlich nicht die Geschwister aus dem Gelege vom vorherigen Beispiel! 😉):

Kreuzungstabelle zwei grün spalt blau Sperlingspapageien

Nun haben wir eine 25%ige Wahrscheinlichkeit für blaue Küken (blaublau) und eine 75%ige Wahrscheinlichkeit für optisch grüne Vögel (GRÜNGRÜN, GRÜNblau), 50% die spalterbig blau sind (GRÜNblau) und 25% reinerbig grüne (GRÜNGRÜN). Die Chancen stehen hier also gut für ein gemischtes Gelege und das obwohl doch beide Eltern grünes Gefieder haben. 😉

Einfluss des US-Gens auf die Sperlingspapageien-Farbschläge

Jetzt nehmen wir ein weiteres Gen unter die Lupe: Gelbe und weiße Vögel mit schwarzen Augen und bei denen die blauen Markierungen bei den Männchen noch zu sehen sind, bekommen ihre Farbe durch das sogenannte US-Gen, da es in den USA das erste Mal beschrieben wurde.

Auch das US-Gen wird rezessiv vererbt und zeigt sich nur, wenn ein Küken es von beiden Eltern bekommt, ich schreibe es hier klein und gelb-weiß: us. Wichtig hierbei zu beachten ist, dass das US-Gen kein dominantes „Gegenstück“ hat, so wie grün und blau. Man kann also sagen, dass kein US-Gen zu haben dominant vererbt wird. Deshalb schreibe ich das Nicht-Vorhandensein des US-Gens groß als US.

Exkurs: Entstehung der Federfärbung

Aber wie kann es nun sein, dass ein Gen zwei verschiedene Farben hervorruft? Um das zu verstehen, müssen wir uns genauer anschauen, wie die grüne Wildfarbe eigentlich entsteht. Die Federn der Sperlingspapageien enthalten nämlich keinen grünen Farbstoff, wie man vermuten würde.

Tatsächlich mischen sich hier zwei Farben wie im Farbkasten zusammen. Zum einen enthalten die Federn den gelben Farbstoff Psittacofulvin. Und was mischt man mit gelb um grün zu bekommen? Genau, blau. Blaue Federfärbung entsteht jedoch nicht durch Pigmente in den Federn. Blau ist eine sogenannte Strukturfarbe. Wenn Federn blau aussehen, haben sie mikroskopisch kleine Veränderungen in ihrer Oberflächenstruktur. Dadurch wird nur der blaue Anteil des Sonnenlichts reflektiert und erreicht unsere Augen.

Die grünen Federn unserer gefiederten Mitbewohner sind also eigentlich gelb-blaue Federn. Nun können wir auch verstehen, was die blaue Mutation ist. Das blaue Gen schaltet die Zufuhr für den gelben Farbstoff in die Federn ab. Was übrig bleibt, ist nur das Strukturblau. 

Wirkung des US-Gens auf die Farben des Sperlingspapageien-Gefieders

Kommen wir zurück zu unserem US-Gen, das ist nämlich das genaue Gegenteil des blauen Gens. Das US-Gen „löscht“ den blauen Farbanteil in den Federn. Hat nun ein grüner Vogel zwei Kopien des US-Gens, ist sein Gefieder gelb, denn wenn gelb + blau = grün, dann ist grün – blau = gelb, man nennt sie daher US-gelb oder US yellow. Hat ein blauer Vogel zwei Kopien des US-Gens, ist sein Gefieder weiß, denn grün – gelb – blau = weiß, d.h. farblos, man nennt sie daher US-weiß oder US white.

US-gelbe und US-weiße Vögel können durch vielerlei Kombinationen entstehen, da schließlich zwei Genmutationen involviert sind. Ich zeige hier lediglich für jede Farbe ein Beispiel auf.

Kombinationen für US-gelbe Sperlingspapageien

Schauen wir uns zunächst an, wie ein US-gelber Vogel entstehen kann. Das passiert z.B. wenn zwei grüne Eltern je eine Kopie des US-Gens still und heimlich in sich tragen, also grün spalt US sind. 

Hier kommen nun wieder zu 50% grüne US-Spalter heraus (GRÜNGRÜNUSus), aber auch  25% reinerbig grüne(GRÜNGRÜN) und 25% US-gelbe Vögel (GRÜNGRÜNusus), insgesamt besteht also eine 25%ige Chance auf gelbe Küken. 

Grünes Männchen und US-gelbes Weibchen
Blaues Weibchen und US-gelbes Männchen

Kombinationen für US-weiße Sperlingspapageien

Nun bleiben nur noch die US-weißen Sperlingspapageien. Wir erinnern uns:  Ein US-weißer Vogel ist ein blauer Vogel mit 2 Kopien des US-Gens. Also paaren wir, um weiße Küken zu bekommen, beispielsweise ein US-gelbes Männchen mit einem blauen Weibchen. Dabei muss das Männchen spalterbig blau sein und das Weibchen spalterbig US, damit wir weiße Nachkommen kriegen:

Kreuzungstabelle US-gelber und blau spalt US Sperlingspagagei

Hier bekämen wir ein wahrlich buntes Nest: 25% grüne Küken (spalterbig in blau und US; GRÜNblauUSus), 25% blaue Küken (spalterbig US; blaublauUSus), 25% gelbe Küken (spalterbig blau; GRÜNblauusus) und 25% weiße Küken (blaublauusus). 

Blaues Weibchen und US-gelbes Männchen
US-weißes Weibchen

Genotypenübersicht der verschiedenen Sperlingspapageien-Farbschläge

Wir haben in den Beispielen schon deutlich gesehen, dass man von der Gefiederfarbe eines Vogels nicht so einfach darauf schließen kann, welche Gene er in sich trägt.

Betrachten wir nur das grün-blaue und das US-Gen kann man folgende Übersicht möglicher Genkombinationen erstellen:

Optisch grüne Sperlingspapageien können folgende Genotypen haben:

  • GRÜNGRÜNUSUS → klassisch reinerbig grün (wie sie in der Wildnis vorkommen)
  • GRÜNblauUSUS → grün spalt blau
  • GRÜNGRÜNUSus → grün spalt US
  • GRÜNblauUSus → grün spalt blau und US

Optisch blaue Sperlingspapageien können folgende Genotypen haben:

  • blaublauUSUS → reinerbig blau
  • blaublauUSus → blau spalt US

Optisch gelbe Sperlingspapageien können folgende Genotypen haben:

  • GRÜNGRÜNusus → reinerbig US-gelb
  • GRÜNblauusus → US-gelb spalt blau

Optisch weiße Sperlingspapageien haben immer diesen Genotyp:

  • blaublauusus

Weitere Mutationen bei Sperlingspapageien

Allerdings gibt es mittlerweile noch zahlreiche weitere Farben und zugrundeliegende Genmutationen: Pastell, Falbe, Schecke, Isabell, Zimt, Lutino/Albino/Creamino, Türkis, Marmoriert, Grau, Dunkel/Cobalt/Olive/Mauve, Misty und verschiedenste Kombinationen davon, sowie mit grün, blau und US.

Lutino Weibchen und blaues Männchen

Genaueres zu all diesen Farbmutationen inkl. Bildern findet ihr z.B. auf dieser Webseite: https://sperlingspapageien-muenchen.beepworld.de/der-sperlingspapagei-und-mutation.htm

Dieser Beitrag wurde von Melanie erstellt.
Die Bilder stammen u.a. ebenfalls von Melanie (grünes Männchen, US-gelbes Weibchen), von Maria (Lutino-Weibchen und blaues Männchen), von Melanie E. (US-weißes Weibchen) und von Florian (blaues Weibchen und US-gelbes Männchen)!
Vielen lieben Dank für die wertvolle Bereicherung des Sperlingspapageien-Blogs!

Quellen:


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